Ein intelligentes Krankenhausinformationssystem aggregiert und visualisiert PatientInnendaten in Kliniken. Aus der Informationsfülle entsteht therapierelevantes Wissen, das den PatientInnen zugutekommt und die Arbeitsbedingungen des Gesundheitspersonals verbessert.

 

Vor drei Monaten brach sich der Patient bei einem Sturz das Handgelenk und klagt seither über anhaltende Schmerzen. Ein Blick in die elektronische Patientenakte verrät der behandelnden Therapeutin, wie die Operation verlief, welche Therapien der Patient bereits erhalten hat und dass er an einer rheumatoiden Arthritis leidet. Das hilft ihr, rasch und effizient eine passende Behandlungsmethode festzulegen – so lautet zumindest die Idee, die hinter der Digitalisierung des Gesundheitssystems steht. In der Realität bleibt ÄrztInnen und TherapeutInnen aber meist wenig Zeit, im direkten Patientengespräch aus dem Konvolut an Arztbriefen, Laborergebnissen und Medikamentenplänen die für sie relevanten Informationen herauszufiltern.

Krankengeschichte auf einen Blick

Eine intelligente, automatische Datenaufbereitung soll dem behandelnden Personal künftig helfen, alle relevanten Informationen – und nur diese – auf einen Blick zu erfassen. Im von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) co-finanzierten Projekt „SMARAGD – Smart Aggregation and Visualisation of Health Data“ hat ein multidisziplinäres Team von WissenschafterInnen aus den Bereichen Data Sciences, Informatik, Gesundheitswissenschaften, Graphikdesign, Psychologie, Rechtswissenschaften und Soziologie exemplarisch für Physio- und ErgotherapeutInnen eine Anwendung entwickelt, die Gesundheitsdaten übersichtlich zusammenfasst und visualisiert.

Projekt-Infobox

Laufzeit: 06/2019-11/2021
Förderung: FFG (Ref.: 872575)
Lead: IMC-Fachhochschule Krems
Partner: JKU Linz, Know Center, Med-Uni Graz, Synyo, KFU Graz, Universität Wien


Die Grundlage dafür bilden klinische Testdatensätze aus einem Krankenhausinformationssystem.  Zusätzlich haben die Forschenden Physio- und ErgotherapeutInnen in ihrem Arbeitsalltag über die Schulter geschaut, um die Frage zu klären, welche Informationen für die jeweilige Behandlung tatsächlich relevant sind. So kann es beispielsweise hilfreich sein, wenn bei der Abbildung eines Handgelenks die Information enthalten ist, wie weit es zuletzt beweglich war. Sämtliche Daten wurden unter Einhaltung strenger Datenschutzrichtlinien erfasst und analysiert.

Daten einen Sinn geben

Eine Herausforderung bestand darin, unterschiedliche Datenquellen zu verknüpfen und eine entsprechende Datenqualität sicherzustellen. Neben strukturierten, formalisierten Patientendaten wie etwa der Dauer des Spitalsaufenthaltes oder medizinischen Diagnosen, gibt es meist ergänzende handschriftliche Aufzeichnungen, die sich nur unter großem Aufwand digitalisieren lassen. Medizinische Begrifflichkeiten werden je nach Station bzw. Krankenhaus oder behandelnden ÄrztInnen oft unterschiedlich abgekürzt, was eine weitere Verarbeitung erschwert.

„Wir setzen neueste Methoden der Künstlichen Intelligenz aus Bereichen des Clinical Natural Language Processing und der Semantischen Datenanalyse ein, um große Datenmengen maschinell zu verarbeiten und für weitere Analysen strukturiert aufzubereiten“, sagt Mark Kröll vom Know-Center und erklärt die Vorgangsweise folgendermaßen: „Die semantische Aufbereitung von Daten bedeutet, dass einzelne Wörter oder Passagen eines Befundes mit einer Bedeutung versehen werden wie beispielsweise ‚Medikation‘ oder ‚Diagnose‘. Im Anschluss daran extrahieren und aggregieren wir relevante Informationen, zum Beispiel Zusammenhänge wie ‚Medikation – Dosierung‘ oder ‚Verletzung – Körperteil‘. Durch diese Verknüpfung und Visualisierung von Gesundheitsdaten aus Therapiebefunden wird der bisherige Krankheitsverlauf übersichtlich dargestellt.“

Mehr Zeit für PatientInnen

Die eingesetzten KI-Methoden unterstützen TherapeutInnen dabei, komplexe Diagnose- und Therapieentscheidungen, auch unter Berücksichtigung vorangegangener Therapien, rasch und sicher zu treffen. Das reduziert den bestehenden Zeitdruck und trägt dazu bei, die Arbeitsbedingungen qualitativ zu verbessern. Letztlich profitieren dadurch die PatientenInnen, weil der Fokus auf die Behandlungsqualität gelegt wird. Die Ergebnisse des Projektes sind für Krankenhausbetreiber und Anbieter von Krankenhausinformationssystemen nutzbar und können in bestehende Systeme implementiert werden.

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