Der Anodentausch spielt bei der Produktion von verzinkten Stahlblechen eine Schlüsselrolle mit Auswirkungen auf Qualität und Kosten. Wir haben mit Voestalpine Stahl GmbH ein theoriebasiertes hybrides Modell zur vorausschauenden Wartung entwickelt, das auch hilft, Kosten maßgeblich zu senken. .

Elektrolytisch verzinktes Stahlband zählt zu den Premiumprodukten der Voestalpine, die eine weltweit führende Position bei Feinblechen für anspruchsvollste Anwendungen hat. Eingesetzt wird verzinktes Stahlblech wegen seiner besonderen Materialeigenschaften, zum Beispiel bei Fahrzeugkarosserien. Beim Produktionsprozess ist der Anodenzustand für die Qualität der Verzinkung entscheidend. Das Stahlband wird mit 24 Anodenpaaren verzinkt, welche einer regelmäßigen visuellen und manuellen Prüfung unterzogen und im Zweifelsfall eher früher als später getauscht werden. Denn schadhafte Anoden sind die Hauptursache für Qualitätsverluste bei der Verzinkung.

Die Idee:
Da neben Qualitätsverlusten auch hohe Kosten durch zu späten Anodentausch entstehen, war es der Voestalpine Stahl wichtig, den richtigen Tauschzeitpunkt für Anoden auf Basis der physikalischen Parameter vorherzusagen.

Die Ziele:
Das Ziel war, den optimalen Zeitpunkt für den Austausch der Anoden zu ermitteln, um die Wartungszeitpunkte zu optimieren, ohne dabei Qualitätseinbußen zu riskieren. Eine erste Validierung ergab, dass maschinelles Lernen die Entscheidungsfindung für den Wartungszeitpunkt entscheidend unterstützen kann.

Unser Beitrag:
Durch das intensive Zusammenspiel einer zehnköpfigen, interdisziplinären Expert:nnengruppe gelang es, ein hybrides Modell zu entwickeln, welches direkt in die Steuerungssysteme der Prozesseinheiten eingebettet wurde. Dazu mussten zunächst die relevanten Einflussfaktoren aus 10 Millionen Messdaten und 400 Variablen, welche über drei Jahre gemessen worden waren, abgeleitet werden.
Basierend auf einem existierenden physikalischen Modell und den Datenanalysen wurde die Zellspannung als ausschlaggebende Größe für die Verzinkungsqualität festgelegt. Obwohl mit Machine Learning (ML) bereits gute Ergebnisse erzielt werden konnten, war das ML-Modell viel zu komplex für die Implementierung in das vorhandene Online System. Erst durch die Verschneidung mit dem verbesserten physikalischen Modell konnte ein zuverlässiges und für die Prozessexperten einfach zu interpretierendes Vorhersagemodell entwickelt werden.

Das Ergebnis:
Seit Ende 2019 läuft das hybride Modell erfolgreich im Live-Betrieb auf der bestehenden Anlage. Fehler bei den Anoden werden direkt während des laufenden Betriebs der Anlage erkannt. Prozessexperten können mit dem hybriden Modell die Qualität der einzelnen Anoden besser vergleichen. Die frühzeitige Einbindung aller relevanten Mitarbeiter:nnen führte zu einer hohen Nutzerakzeptanz.

Das Projekt wurde im Rahmen von COMET – Competence Centers for Excellent Technologies durch BMK, BMDW, Land Steiermark gefördert. Das Programm COMET wird durch die FFG abgewickelt.